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Kategorie: Arbeit + Personal
| 07:03 Uhr

Ständig erreichbar über die Feiertage – ist das Urlaub?

von RA Johannes Zimmermann - Fachanwalt für Arbeitsrecht


Nach einer Umfrage des Bitkom geben 49 % der Arbeitnehmer, die um und nach Weihnachten Urlaub nehmen, an, trotz ihres Urlaubs dienstlich erreichbar zu sein. Während 13 % dieser Beschäftigten angeben, auf eigenen Wunsch erreichbar zu sein, geben 58 % als Grund die Annahme an, ihre Vorgesetzten würden die Erreichbarkeit erwarten. Damit stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der Urlaub auf die Erreichbarkeit hat – und umgekehrt.

Muss man im Urlaub dienstlich erreichbar sein?

Eindeutig: Nein! Urlaub bedeutet, dass der Arbeitnehmer durch eine Erklärung des Arbeitgebers für eine bestimmte Zeit von der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung freistellt und der Arbeitnehmer in der Folge auch tatsächlich von der Arbeitspflicht befreit wird. Gewährt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Urlaub, bedeutet dies demzufolge, dass der Arbeitnehmer nicht nur keine Arbeitsleistung erbringen muss; vielmehr soll er sich erholen und daher auch nicht ständig damit rechnen müssen, dass er dienstlich kontaktiert wird. Ist der Urlaub erst einmal gewährt, kann er vom Arbeitgeber auch nicht widerrufen werden, d.h. der Arbeitnehmer muss nicht nur nicht mit einer plötzlichen Unterbrechung des Urlaubs rechnen, sondern erst recht nicht mit dessen vorzeitigem Abbruch.

Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer nicht versuchen darf, den Arbeitnehmer auch im Urlaub zu erreichen. In dringenden Notfällen, etwa wenn nur der Arbeitnehmer den Ablageort wichtiger Unterlagen oder deren Passwort kennt, ohne die nicht weitergearbeitet werden kann, besteht ein hinreichendes berechtigtes Interesse, den Arbeitnehmer auch im Urlaub zu erreichen. Das bedeutet aber nicht, dass sich der Arbeitnehmer erreichbar halten muss; entgeht ihm der Kontaktaufnahmeversuch, kann er nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Und leistet man infolge der Kontaktaufnahme Arbeit, muss diese auch vergütet werden.

Ist es überhaupt Urlaub, wenn man sich dienstlich erreichbar hält?

 Bleibt man als Arbeitnehmer trotz Urlaubs für dienstliche Zwecke erreichbar, beruht dies grundsätzlich auf einer eigenen Entscheidung. Wer also ein Stück Arbeit mit in den Urlaub nimmt und sozusagen „mit einem offenen Auge schläft“, ist also selbst dafür verantwortlich. Grundsätzlich. An dieser Stelle kommt aber der interessante Aspekt ins Spiel, dass mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer, die sich im Urlaub erreichbar halten, dies aufgrund einer vermeintlichen oder tatsächlichen Erwartung des Arbeitgebers tun. Die Ursachen für diese Annahme können vielseitig sein, etwa mangelnde Kommunikation oder schlechte Erfahrungen des Arbeitnehmers; es gibt aber mit Sicherheit auch Fälle, in denen der Vorgesetzte die Erreichbarkeit ausdrücklich oder jedenfalls konkludent und aus seiner Sicht verbindlich angeordnet hat. Tut er dies nach erfolgter Gewährung des Urlaubs, ist die Anordnung nicht verbindlich. Vorsicht ist aber dann angebracht, wenn der Arbeitgeber bereits mit der Genehmigung des Urlaubs zusammen die durchgehende Erreichbarkeit anordnet. In solchen Fällen ist nämlich daran zu denken, dass es sich bei der Bewilligung des Urlaubs eigentlich gar nicht um eine solche handelt, mit dem Ergebnis, dass der Anordnung Folge zu leisten wäre, weil tatsächlich gar kein Urlaub bewilligt wurde – dann aber auch mit der weiteren Konsequenz, dass der Urlaubsanspruch fortbesteht und der Arbeitnehmer seine Bewilligung weiterhin verlangen kann!

Im Rahmen eines funktionierenden Arbeitsverhältnisses wird diese Frage eher nicht geklärt werden. Vor dem Hintergrund, dass nach der neueren Rechtsprechung von EuGH und BAG nicht erfüllte Urlaubsansprüche nur dann entfallen, wenn der Arbeitgeber bestimmte Hinweis- und Aufklärungspflichten erfüllt hat, kann die Frage, ob bestimmte Urlaubszeiten überhaupt wirklich Urlaub waren, am Ende des Arbeitsverhältnisses für erheblichen Streitstoff sorgen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tun daher gut, wenn sie die Urlaubszeiten und deren Hindernisse gut und langfristig dokumentieren.